Im Süden des Großherzogtums thront seit Jahrhunderten eine der vielfältigsten Großstädte Europas. Auf hügeligem Terrain, durchzogen vom Fluss Alzette, wurde sie auf beeindruckenden historischen Fundamenten errichtet und versprüht bis heute ein äußerst multikulturelles Flair. Ob großherzoglich in Architektur und Historie; weltoffen und liberal in Politik; grün und ursprünglich in Natur; vielfältig in Sprache und Kultur - Luxemburgs Vielseitigkeit ist bewundernswert und stets modern.
Als Hauptstadt des Großherzogtums Luxemburg und größte Metropole des Landes befindet sie sich im gleichnamigen Kanton circa 60 Kilometer südlich vom französischen Metz und rund 50 Kilometer von Trier entfernt. Da die Fahrzeiten zu der deutschen, belgischen und französischen Landesgrenze unweit entfernt sind, wollten wir uns eine Entdeckungstour durch die Altstadt nicht entgehen lassen und statteten Luxemburg im herbstlichen Oktober 2020 einen Besuch ab.
Nachdem wir unseren Stadtspaziergang durch die Universitätsstadt Trier beendet hatten, setzte sich unsere Reise genüsslich nach Westen in Richtung Landesgrenze fort. Denn unser nächster Besuch galt unserem wunderschönen Nachbarland Luxemburg. Mit dem Auto erreicht ihr die Hauptstadt Luxemburg über die deutsche A64 und die luxemburgische A1 und N2 in circa 45 Minuten (rund 50 Kilometer). Durch hügelige und bewaldete Landschaft führte uns die Stadtautobahn dann direkt in die City auf die N50 (Boulevard Franklin Delano Roosevelt), auf der wir zunächst eine geeignete Parkmöglichkeit suchten. Mehrere Parkhäuser sind hier auf den ersten Blick sowohl in Französisch, Englisch, als auch teils in Deutsch und luxemburgisch ausgeschildert, doch verpassten wir jedes Mal im quirligen Stadtverkehr die Abfahrt. Da wir uns selbstverständlich erst einmal orientieren mussten, entschieden wir uns dann letztendlich für einen Parkplatz in einer Seitenstraße, nahe der Innenstadt (Boulevard Prince Henri für 4,00€). Mit Rucksack und Regenschirm gewappnet sowie stets vom trüben, nebelgrauen Herbstwetter begleitet, machten wir uns auf zu unserer Erkundungstour durch den historischen Stadtkern.
Luxemburgs bescheidene Fläche zeugt im Kern von wahrer Größe. Als Parlaments- und Regierungssitz des gleichnamigen Landes zählt sie heute zu den führenden Metropolen in Wirtschaft und Politik. Wo regiert wird, hat die Hauptstadt die Nase vorn, denn neben Brüssel und Straßburg gehört sie zum Verwaltungssitz der Europäischen Union. Ob der Europäische Gerichtshof (EuGH), die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA), der Tagungsort des Rats der Europäischen Union oder die Europäische Investitionsbank (EIB) - sie alle haben ihren Sitz in Luxemburg. Damit macht es die Stadt zu einer der “Hauptstädte der Europäischen Union”. Bedeutende europäische Finanzinstitutionen, das zweitgrößte Kompetenzzentrum für Investmentfonds sowie das größte Private-Banking-Zentrum der Eurozone, sorgen dafür, dass Luxemburg sich einen hochrangigen Namen in der Finanzbranche erarbeitet hat. Neben Frankfurt am Main, Zürich, Hong Kong und New York City, erfährt es heute seinen Ruhm als eine der größten Finanzmetropolen der Welt. Kein Wunder, dass Luxemburg heute zu den 50 bedeutendsten Städten weltweit gehört und auch seine Einwohner von einer hohen Lebensqualität profitieren.
In Sachen Kultur kann Luxemburg ebenfalls stolz auf seine Wahrzeichen sein. Der österreich-ungarische Komponist Franz Liszt beispielsweise gab hier 1886 sein letztes Konzert. Auch der berühmte Friedrich Wilhelm Voight, besser bekannt als der “Hauptmann von Köpenick” fand auf dem Liebfrauenfriedhof im luxemburgischen Stadtteil Limpertsberg seine letzte Ruh und die seit Jahrzehnten im deutschen Fernsehen bekannte Schauspielerin und sprachtalentierte Moderatorin Desirée Nosbusch ist hier zuhause. Damit gebührt der Metropole auch der Titel zur “Kulturhauptstadt Europas” im Jahre 2007.
Luxemburg legt viel Wert auf internationale Freundschaften, weshalb sie eine Städtepartnerschaft mit dem französischen Metz und der britischen Stadt Camden pflegt. Wie bereits erwähnt, bildet sie mit Metz, Saarbrücken und Trier ein Zentrum der “Europa- und Großregion Saar-Lor-Lux”. Bei so viel Internationalität ist es nicht verwunderlich, dass die Stadt nicht nur Pilgerort für viele Touristen ist, sondern auch ein Anziehungsmagnet für Berufstätige. Neben den rund 115.000 Einwohnern der Stadt, welche knapp 20 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes ausmachen, überqueren auch viele Pendler aus den benachbarten Ländern täglich die luxemburgische Grenze. Daher zählt sie EU-weit zu den Städten mit der höchsten grenzüberschreitenden Mobilität von Arbeitnehmern.
Unsere Tour startete der “Avenue de la Porte-Neuve” folgend in Richtung Altstadt. Dank unseres Besuchs an einem Wochentag bei bescheidenem Wetter herrschte hier, bis auf das Herumschlendern weniger Touristen und ein paar Einwohner, entspannte Betriebsamkeit. Wir hatten die Innenstadt somit fast für uns allein. Wir spazierten durch das Zentrum der City, eines der 24 Statteile, vorbei an zahlreichen edlen Einkaufsläden, hochwertigen Patisserien und Confiserien, die ihre delikate Feinkost geschmackvoll im Schaufenster präsentierten. Sofort hatte uns das französische Flair umworben mit seinen süßen Cafés und seinem feinen Geschmack. Unsere Blicke wanderten mehrmals über luxemburgische Flaggen, die an den Häuserfassaden schwangen und lasen teilweise vertraute Schriftzüge an den Wänden. Auf gepflegtem Altstadtpflaster durch verwinkelte Gassen flanierten wir zunächst in der Fußgängerzone der “Rue Philippe II” hindurch und ließen die ersten Eindrücke von Luxemburg auf uns wirken.
Wer sich hier linker Hand hält, wird bald auf die ersten Sehenswürdigkeiten stoßen, die sich hauptsächlich im südlichen Stadtkern konzentrieren. So bogen wir in die “Avenue Monterey” ein, den “Place d’Armes” passierend und landeten rechter Hand in der “Rue du Fossé” durch eine seitliche Gasse auf dem Hauptmarkt - dem “Place Guillaume II.” Hier auf dem zentralen Platz Luxemburgs verschafften wir uns auf dem Stadtplan zunächst einen Überblick über unseren weiteren Stadtbummel.
Übrigens findet man in der gesamten Innenstadt gut ausgeschilderte Informationstafeln für Touristen, die einem auf dem Weg behilflich sein können.
Uns erschien der Platz recht weitläufig, da er unter anderem jeden Mittwoch und Samstag als Wochenmarkt oder aber auch für Freilichtkonzerte und festliche Anlässe genutzt wird. Der heutige Name des Marktplatzes, der im Volksmund auch “Knuedler” genannt wird, kommt nicht von ungefähr. Denn Wilhelm II. von Oranien-Nassau, dem König von Niederlanden und Großherzog von Luxemburg, regierte im 19. Jahrhundert für 9 Jahre das Land und verlieh dem Großherzogtum ein Jahr vor seinem Tod die erste parlamentarische Verfassung. Damit galt Luxemburg schon zu jener Zeit als eine der liberalsten Länder Europas. Der ehemalige Großherzog grüßte uns sogar hoheitlich inmitten des Platzes auf seinem Pferd. Das prunkvolle Reiterstandbild entstand zu seinen Ehren und zeigt auf dem prächtigen Sockel die Wappen des Hauses Oranien-Nassau und Luxemburg sowie die zwölf Kantone des Landes. Auch die Holländer besitzen in der Stadt Den Haag eine detailreiche Kopie ihres Königs.
Des Weiteren fiel unser Blick direkt auf das Rathaus - dem “Hôtel de ville”, das ebenfalls im 19. Jahrhundert aus Steinen eines alten Franziskanerklosters erbaut wurde und durch seinen neo-klassizistischen Architekturstil besticht. Zwei bronzene Skulpturen in Form eines Löwen bewachen seit 1931 am Treppenaufgang das Rathaus. Sowohl die Stadtverwaltung als auch der Schöffenrat (Stadtrat) haben hier ihren Sitz. Dennoch wirkte es auf uns angesichts der Bedeutsamkeit Luxemburgs recht bescheiden.
Wer den Platz wieder verlässt und der “Rue du Fossé” folgt, trifft schon auf die nächste Attraktion der Stadt. Inmitten des Regierungsviertels vor der "Kathedrale unserer lieben Frau” am “Place de la Clairefontaine”, in welchem der Staatsminister und die einzelnen Ministerien ihren Sitz haben, begrüßte uns eine Schönheit der besonderen Art. Auf einem vierstufigen, tellerförmigen Sockel thront, grazil anzusehen, die bronzene “Großherzogin Charlotte”. Das Denkmal errichtete ein französischer Bildhauer im Jahre 1990 zu Ehren der ehemaligen Großherzogin und Landesfürstin Luxemburgs. Sie streckte uns die Hand zur Begrüßung aus und bleibt damit der Herzogsfamilie seit ihrem Tod im Jahre 1985 friedvoll in Erinnerung.
Wir setzten unseren Spaziergang fort, kehrten auf die “Rue du Fossé” zurück und bogen in die “Rue de la Reine” ein. Dort machte sich vor unseren Augen das nächste Highlight auf. Wir landeten in einer edlen cremefarbenen Straße, genannt “Am Krautmarkt” (frz.: Rue Marché aux Herbes) und bewunderten vor unseren Augen das fürstliche Bauwerk mit seiner äußerst detailreichen Renaissancefassade und seinen Prinzessinnentürmchen. Von Soldaten streng bewacht, welche vor dem Haupteingangstor patrouillierten, waren wir nun vor dem “Großherzoglichen Palast” angelangt. Ob der seit dem Jahre 2000 amtierende Großherzog “Henri von Nassau” auch zuhause ist? Dies lässt sich ganz einfach erkennen. Sobald die Nationalflagge gehisst ist und statt einem, zwei Soldaten Wache halten, ist der "Grand-duc" (Großherzog) in seinen prunkvollen Gefilden anwesend (wie hier im Bild):
Seit 1856 dient der Palast als Tagungsort des Luxemburger Parlaments “Chambre des députés" (dt.: Abgeordnetenkammer), welches wir anhand der Beschilderung am Gebäude auch gleich erkannten. Stadtresidenz der Großherzoglichen Familie ist das Gebäude erst seit 1890. Doch die Historie dieses besonderen Hauses geht viel weiter zurück.
Linker Hand ragt ein Gebäudeabschnitt mit zwei märchenhaften Türmen hervor. Bereits zuvor residierte über 500 Jahre lang genau dort das Rathaus Luxemburgs. Seine ältesten Gebäudeteile stammen sogar aus dem 13. Jahrhundert. Doch der Architekt selbst konnte aufgrund dieser weitreichenden Geschichte nicht mehr ausfindig gemacht werden. Was allerdings überliefert ist, überraschte mich während meiner nachträglichen Recherche über den “Großherzoglichen Palast” sehr! Der Bauherr des Renaissance-Gebäudes war kein anderer als “Graf Peter Ernst I. von Mansfeld”, welcher damals als Gouverneur der Stadt amtierte. Der Name Mansfeld sollte jedem gebürtigen Harzer ein Begriff sein. Der Graf stammte selbst ebenfalls aus der damaligen Grafschaft Mansfeld, deren gleichnamige Stadt im heutigen Sachsen-Anhalt liegt, östlich des Harzes. Selbstverständlich war der erfolgreiche Bauherr mit dem damaligen Architekturtrend in seiner Heimat vertraut, denn ein besonderes Exemplar prunkt bis heute auf dem Marktplatz von Wernigerode. Mit seinem detailreichen Fachwerk, den Erkertürmen und dem markanten Walmdach sollte das Rathaus von Wernigerode dem Luxemburger Rathaus als Vorbild dienen. Auch wenn die Erkertürme zwar im Stil der Renaissance und nicht im gotischen, wie in der Harzer Stadt errichtet wurden, ist doch eine verblüffende Ähnlichkeit zu erkennen. Die im Mittelalter entstandenen Fachwerkhäuser im Harz waren mit ihren Schnitzereien auf dem Gefach bzw. den Fensterstielen sehr in Mode, sodass die luxemburgischen Steinmetze sie zu jener Zeit in ihren Bau einfließen ließen. Sicherlich werden euch bisher aber auch vergleichbare deutsche Rathäuser in diesem Stil begegnet sein.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der heutige Herzogspalast als Kaserne und Konzerthalle genutzt, während die Großherzogsfamilie ins Exil floh. Nach ihrer Rückkehr bekam die herrschaftliche Stadtresidenz Zuwachs durch das Großherzogliche Gericht. Auch wenn durch den Krieg das Inventar zum Teil zerstört wurde, konnte es vollständig in den 1960er Jahren wieder restauriert werden. Heute stehen die Innenräume für Besucher in den Sommermonaten zur Verfügung. Zudem ist er Austragungsort für wichtige zeremonielle Staatsanlässe und dient als Empfangsort ausländischer Staatsoberhäupter.
Anschließend setzten wir unsere Erkundungstour durch die Stadt fort und umrundeten den Palast in Richtung “Rue Sigefroi”. Hier bemerkten wir bereits eine abfallende Straße, die uns auf einen hellen Platz direkt vor die “Michaeliskirche” führte. Dort warfen wir einen kurzen Blick hinein ins Innere. Die beruhigende Schönheit und friedvolle Stille wirkte sich direkt auf uns aus. Wir befanden uns in der ältesten erhaltenen Kirche der Stadt. Im 10. Jahrhundert stand hier noch einst die Burgkapelle der Luxemburger Grafen. Durch zahlreiche Kriege wurde sie mehrmals zerstört, doch immer wieder aufgebaut. Auch wenn sie ihrem Original nicht mehr ähneln kann, ist ihr heutiger Anblick dennoch sehr sehenswert. Durch die Vielzahl an Wiederaufbauten vereint die “Michaeliskirche” den romanischen, gotischen und barocken Stil in einem.
Ein Blick um die Ecke in Richtung der schmalen Gasse “Rue Large” richtete meine Aufmerksamkeit plötzlich auf einen besonderen Erker eines Hauses mit folgender Aufschrift:
“Mir wëlle bleiwe wat mir sin.”
(dt.: Wir wollen bleiben, was wir sind.)
Dieser auffallende Schriftzug gehört zur allseits bekannten Redewendung in Luxemburg und geht auf das patriotische Lied “De Feierwon" (dt.: Der Feuerwagen) des luxemburgischen Dichters Michael Lentz zurück. Dabei bezieht sich der Titel auf die heutige Bezeichnung der Dampflokomotive und wurde zur feierlichen Eröffnung des Luxemburger Bahnhofs im Jahre 1859 zum ersten Mal gespielt.
Wer in Luxemburg aufmerksam die Schilder liest oder hin und wieder ein Gespräch unter den Einwohnern belauscht, wird schnell feststellen, dass einem ab und zu gewisse Sprachfetzen verständlich und plötzlich wieder völlig fremd vorkommen. Kein Wunder, denn die Landessprache musste sich im Großherzogtum erst finden und blickt auf eine recht junge Historie zurück. Denn erst seit 1984 besitzt Luxemburg seine eigene Nationalsprache - das Luxemburgisch. Doch woraus besteht diese Sprache?
Das Luxemburgisch selbst geht aus dem Moselfränkischen hervor, ein vielseitiger Dialekt, der vor allem in der Moselregion Rheinland-Pfalz sowie im Dreiländereck der Gegend vorkommt. Unter uns gesagt, man versteht kaum etwas, gilt dieser doch als “Exot” unter den deutschen Dialekten, weil zum Teil mehr französische Einflüsse enthalten sind. Die Nationalsprache Luxemburg wird eher nur unter den Einwohnern gesprochen statt geschrieben. Zusätzlich sind sowohl Deutsch als auch Französisch Verwaltungs- und Amtssprachen. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg war das Großherzogtum vom damaligen Deutschen Reich besetzt, weshalb alle französischen Beschilderungen 1940 in Deutsch geändert wurden. Heute hingegen bestimmt Französisch die Handels- und Arbeitssprache des privaten Sektors. Unsere Sprache kann man eher in den Printmedien nachlesen. In staatlichen Institutionen, wie zum Beispiel vor Gericht, herrscht allerdings sprachliche Flexibilität. Auch während unseres Spaziergangs lasen wir hauptsächlich französische Straßen- und Hinweisschilder, teilweise wird aber auch die luxemburgische Übersetzung mit angegeben. Wer also nach Luxemburg reist, kann sich der Vielfältigkeit der Sprache bedienen. Ein buntes Kauderwelsch aus Deutsch, Französisch, Luxemburgisch oder Englisch - jeder sollte hier verstanden werden.
Wie bereits erwähnt, verläuft die Straße, auf der wir uns befanden, abfällig, und wer der “Rue Sigefroi” bis zum Ende folgt, wird vom nächsten Anblick überrascht sein. Von oben betrachtet breitet sich der Altstadtkern Luxemburgs auf einem Plateau weit aus und mündet wie ein Trichter an der Spitze auf einem Felsvorsprung. Vor uns machte sich plötzlich ein tiefer Abgrund auf. Doch keine Sorge, die Stadt war hier nicht zu Ende. Von oben aus genossen wir erst einmal den beeindruckenden Ausblick über die Dächer Luxemburgs. Auffällig während des gesamten Spaziergangs ist übrigens die Architektur. Es sind so gut wie alle Häuserrund um den historischen Stadtkern einheitlich in anthrazitfarbenen Dächern und creme- bis beigefarbenen Fassaden gehalten. Das traf absolut meinen Geschmack!
Wir verweilten ein wenig auf der Bank und ließen unseren Blick über das Petruss-Tal mit dem Stadtteil “Grund” schweifen, welches unterhalb zu unseren Füßen lag. Kreisförmig durchzogen vom Fluss “Alzette” blickten wir auf terrassenartig angelegte Kräutergärten, hübsche Grünanlagen und beeindruckende Äquaduktbrücken, welche die verschiedenen Plateaus in der Stadt verbinden.
Unter anderem stechen die Brücke namens “Schlassbréck” sowie die “Viadukt-Brücke”, auch “Alte Brücke” genannt, aus dem Stadtbild heraus. Letztere überquert auf 45 Meter Höhe das Petruss-Tal und verbindet mit ihrer Gesamtlänge von rund 300 Metern kurvenartig das Bahnhofsviertel mit der Oberstadt.
Doch ein besonderes Gebäude besticht als eines der Wahrzeichen im unten gelegenen Tal. Der Kirchturm der “Abtei Neumünster” ragt aus dem Stadtteil “Grund” am Ufer der Alzette hinaus und macht wohl einen der berühmten Postkartenmotive der Stadt aus. Mit der “Johanneskirche” (auch “St. Johann auf dem Stein”) fand sie bereits erstmals im 14. Jahrhundert Erwähnung und diente im 19. Jahrhundert als Militärhospital der Soldaten des Deutschen Bundes. Später befand sich hier bis 1980 ein Männergefängnis in der Kirche. Heute ist das circa 12.000 Quadratmeter große Areal ein Veranstaltungsgelände für Konzerte, Theateraufführungen, Konferenzen, Tagungen und Ausstellungen.
Nachdem wir uns auf dem Hochplateau der Innenstadt einen Blick über das Tal verschafft hatten, wechselten wir zunächst die Perspektive, schlenderten über die “Schlassbréck” zum Aussichtspunkt “Rocher du Bock” (Bockfelsen). Wie auf einer Landzunge blickt man hier fast 300 Meter tief über die Alzette. Doch auf welchem Grund und Boden befanden wir uns da eigentlich?
Unser Blick wanderte entlang der hochgelegenen Altstadt über steile Sandsteinfelsen, meterdicke Bastionen und angsteinflößende Schießscharten. Der Weg, auf dem wir da gerade wandelten, war nichts anderes als die ehemalige Festungsmauer Luxemburgs. Auf diesen heiligen Steinen erbaute Graf Siegfried I. im 10. Jahrhundert sein Schloss, aus welchem sich dann der Landesname entwickelte. Hier hatte das Haus Luxemburg, darunter auch vier deutsche Könige bzw. Kaiser im 14. Jahrhundert ihren Stammsitz. Im Mittelalter wurde das heutige Großherzogtum immer wieder von anderen Nationalitäten besetzt, wie zum Beispiel den Franzosen, Spaniern, Österreichern und Preußen. Es wurde stetig gekämpft und die Verteidigungsanlage jedes Mal aufs Neue zerstört und wieder aufgebaut. Der Rang um den Sieg schien hier so bedeutsam gewesen zu sein, dass sich die Festung Luxemburgs ab dem 16. Jahrhundert zu einer der stärksten Festungen Europas ausbaute und den imposanten Ruf “Gibraltar des Nordens” genoss. Auch bis 1867 war die Wehranlage von großer strategischer Bedeutung für die Grenzregion zwischen Frankreich, Belgien, den Niederlanden und dem Deutschen Bund. Nach Ende des Deutschen Krieges 1866, aus welchem die Preußen als Sieger hervorgingen, wurde der Deutsche Bund aufgelöst und Luxemburg wieder neutral.
Heute sind von all dem militärischen Spektakel nur noch Überreste geblieben, nachdem im Londoner Vertrag der Abriss der gefürchteten Festungsanlage besiegelt wurde. Darunter zählen zum Beispiel die alten “Kasematten”, welche auf den Sandsteinfelsen angelegte Wehrgänge bezeichnen; Bockfelsen, Bollwerke und die “Spanischen Türmchen”, welche Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden, dessen Zweck aber bis heute unklar ist. Die sogenannte “Schleifung”, die den Abriss von alten Befestigungsanlagen einer verlierenden Partei im militärischen Krieg im Fachjargon betitelt, wurde nicht bis ins Detail durchgeplant. Stattdessen war die Herangehensweise simpel. Es wurde einfach willkürlich gesprengt. Dadurch sehen die Überbleibsel des heutigen UNESCO-Weltkulturerbes etwas chaotisch aus. Dennoch sehr zur Freude von Luxemburg. Noch zuvor wie ein Korsett eingeschnürt, engte es die Stadt Jahrhunderte lang ein und konnte dank des Abrisses mehr Fläche dazu gewinnen.
Nach so viel beeindruckender militärischer Historie setzten wir unseren Altstadtspaziergang fort und verließen dabei nicht das Hochplateau. Auf dem “Chemin de la Corniche” lässt es sich nämlich wunderbar entlang des Stadtkerns vom Bockfelsen bis zur Heiliggeist-Zitadelle auf den Wällen der Festungsmauern flanieren. Stets begleitet vom freien Ausblick über die Dächer Luxemburgs und der farbenfrohen Herbstlandschaft genossen wir laut dem luxemburgischem Schriftsteller Batty Weber das einzigartige Flair des Großherzogtums auf dem “schönsten Balkon Europas”.
Wir verließen den “Chemin de la Corniche” wieder und landeten auf dem “Heiliggeist-Plateau”. Von oben betrachtet macht dieser Teil die größte Landzunge aus, welche aus der Altstadt hervorragt. Inmitten dessen durchquerten wir das “Gerichtsviertel” (Cité Judiciaire) vorbei am edlen Justizpalast (Palais de Justice Luxembourg) auf dem “Place du Saint-Esprit”. Die modernen Gebäude, welche von zwei luxemburgischen Architekten entworfen wurde, feierte seine Eröffnung nach Abschluss der Bauarbeiten im Jahre 2008. Zutritt auf den Platz haben hier allerdings nur Fußgänger, jedoch keine Fahrzeuge, da der von einer Brücke überdachte Haupteingang durch Ampeln und Stoppschildern für Unbefugte verwehrt bleibt.
Wer das Viertel wieder verlässt, ist auch schon unten an der viel befahrenen Hauptstraße N50, von welcher wir gekommen sind, angelangt. Wir wechselten die Straßenseite und folgten dem Boulevard, wo wir auch schon nach wenigen Metern vom nächsten Denkmal gestoppt wurden. Vor uns ragte die “Gëlle Fra” - die “Goldene Frau” - in den wolkenverhangenen Himmel hinaus. Friedlich ruhte sie über unseren Köpfen mit einem Sternenkranz in den Händen haltend auf dem 21 Meter hohen Mahnmal und erinnerte dabei an die italienische Maria. Mit ihrem schimmernden Antlitz ist sie weltweit die einzige Skulptur ohne Flügel und wurde in den 1920er Jahren erbaut. Leider zerstörten die Nazis sie während des Zweiten Weltkrieges, sodass sie in den 1980er Jahren wieder neu errichtet werden musste. Zu ihren Füßen betrachteten wir am Sockel des Denkmals einen gefallenen Soldaten sowie eine trauernde Figur. Als Nationalsymbol für Frieden, Freiheit und Widerstand der Luxemburger, erinnert es bis heute an die zahlreichen Gefallenen der beiden Weltkriege. Die vergoldete Bronzestatue ähnelt dabei stark an die Siegessäule in Berlin oder das “Victoria Memorial” in London. Große Internationalität erhielt sie im Jahre 2010, als man sie für ein halbes Jahr gut verpackt in einer Holzkiste nach Shanghai zur Weltausstellung schickte. Heute kann man sie wohlbehalten in der luxemburgischen Hauptstadt wieder bewundern und jährlich am 10. September die zeremonielle Kranzniederlegung erleben.
Zu guter Letzt passierten wir den kunstvoll angelegten “Garden Luxembourg”, der wohl in den Frühlings- und Sommermonaten prachtvoller aussehen mag, und begaben uns unter die “Adolphe-Brücke”. Ja, ihr habt richtig gehört, “unter” die Brücke! Denn direkt unterhalb der Bogenbrücke befindet sich seit 2017 eine parallel verlaufende Hängebrücke für alle, die sie per Rad oder zu Fuß überqueren wollen.
Die “Neue Brücke", wie sie auch genannt wird, wurde vom französischen Architekten Paul Séjourné zwischen 1900 und 1930 errichtet. Benannt nach dem Gründervater Luxemburgs “Adolph von Nassau Weilburg” misst sie eine Gesamtlänge von 153 Metern und ist über 40 Meter hoch. Damit galt sie zur Fertigstellung als die größte Steinbogenbrücke der Welt. Heute dient sie dem allgemeinen Straßenverkehr und verbindet das Petruss-Tal und den “Boulevard Royal” in der Innenstadt mit der Prachtstraße “Avenue de la Liberté” im angrenzenden Bahnhofsviertel.
Zurück über den “Boulevard Royal” neigte sich unsere Tour allmählich dem Ende entgegen. Zum Abschied führte uns Luxemburg nochmals durch die beliebte Einkaufsstraße “Grand rue” (dt.: Großgasse, lux.: Groussgaass), welche früher als Teil der Römerstraße von Arlon nach Trier verlief, und bummelten ein letztes Mal durch die ruhige Fußgängerzone. Vorbei an edlen Käseläden und belgischer Schokolade traten wir nach einsetzendem Herbstregen unsere Fahrt zurück ins deutsche Nachbarland an die Mosel an.
Auch unser alter Freund Goethe besuchte das Großherzogtum im Jahre 1792 und war mehr als fasziniert:
“Wer Luxemburg nicht gesehen hat, wird sich keine Vorstellung von diesen an- und übereinander gefügten Kriegsgebäuden machen (...)”. “Hier findet sich so viel Größe und Anmut, soviel Ernst mit Lieblichkeit verbunden, dass wohl zu wünschen wäre, Poussin hätte sein herrliches Talent in solchen Räumen betätigt."