Priwall

Grenzenlos - Priwall-Strand inklusive Einkehrtipp

36 Grad und es wird noch heißer…naja zumindest gefühlt! An einem hochsommerlichen Juniwochenende sollte das Thermometer laut Wetterbericht auf 32 °C klettern und wir wollten den Sommertag definitiv nicht schwitzend in der Hamburger Großstadt verbringen. Somit packten wir schon frühzeitig unsere Badesachen und machten uns mit Sonnenschirm und Kühltasche auf in Richtung Ostsee. Selbstverständlich waren wir am Samstag mit dieser Idee nicht allein und verweilten bei brütender Hitze den ersten Teil der Fahrt im Stau. Dank unseres klimatisierten Autos fühlte es sich wenigstens nicht ganz so wie im Backofen an. Als der Verkehr sich dann endlich wieder auflöste, folgten wir unserem Ziel in Richtung Meer.

Inmitten eines versteckten Naturjuwels aus Strandroggen, hügeligen Dünen, Nadelwäldern und Sanddornbüschen, liegt die Strandperle “Priwall”. Die gleichnamige Halbinsel, welche insgesamt 3 Kilometer Länge misst, befindet sich klein und unscheinbar zwischen der Travemündung (Schleswig-Holstein) und der Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern. Umgeben von Gewässern wie der Ostsee mit der Lübecker Bucht im Norden, der Trave(förde) im Westen, mit Pötenitzer Wiek im Süden, sowie dem Dassower See mit den Inseln Buchhorst und Graswerder im Südosten, bettet sich der Priwall in Norddeutschland bescheiden ein. Die Küstenlandschaft, welche aus einem dichten Nadelwaldstreifen auf der mecklenburgischen Seite gesäumt ist, bietet ebenfalls ein Ruheparadies für viele Vogelarten. Das ca. 30 Hektar große Naturschutzgebiet “Küstenlandschaft zwischen Priwall und Barendörf mit Harkenbäkniederung” hat mit seinen Feuchtwiesen und Söllen (Teiche) einen Wohlfühlort für seine tierischen Besucher geschaffen. Doch nicht nur begeisterte Ornithologen und Naturwanderer zieht es an den Priwall. Auch wir statteten der Halbinsel einen Besuch ab. Als mein persönlicher Geheimtipp gilt hier der Priwall-Strand!

Anfahrt

Aus Richtung Hamburg kommend, erreicht man die ruhige Urlaubsgegend per Auto in ca. 1,5 Stunden, beispielsweise über die A1, A20, über die Dassower Straße auf die B105, dem Travemünder Weg folgend, über “Siedlung” bis hin zur “Mecklenburger Landstraße”.  Falls ihr mit dem Auto anreist, könnt ihr dieses beispielsweise auf dem Parkplatz “Parken Priwall” direkt neben dem Campingplatz abstellen. Durch die kleine gegenüberliegende Ferienhausanlage bis zum Seeweg vor, gelangt ihr dann zum Hauptstrandabschnitt des Priwalls, welcher sich in einen Hundestrand im Osten und einen FKK-Abschnitt etwas weiter westlich unterteilt.

Wer dem Urlaubstrubel dort allerdings etwas aus dem Weg gehen möchte, dem empfehle ich bis nach Barendorf zu fahren. Passiert man den unscheinbaren Ort auf dem dahinter liegenden Feldweg (Seestraße), befindet sich hier für alle Strandbesucher ein großzügig angelegter Parkplatz inmitten eines Feldes - der “Parkplatz Biotop Salzwiesen, Barendorf (Ostsee)”. Dort begrüßte uns bei hochsommerlichen Temperaturen ein netter älterer Herr an seinem Holzhäuschen und wies uns gegen ein kleines Entgelt (5€/Tag) die Richtung.

Verpflegung

Auf dem Weg zum Strand passierten wir ebenfalls bei unserem Besuch einen kleinen Standwagen namens “Kuchenfeuer” am Kolonnenweg, der mit selbstgemachten Kuchen und Kaffee für das leibliche Wohl sorgte. 

Sommerglück
Sommerglück - Priwall-Strand

Unsere spontane Tagestour im Hochsommer zeigte den Priwall-Strand in seiner typischen Ostsee-Stimmung. Mit der Kühltasche, den Badesachen und dem Sonnenschirm gewappnet, mussten wir zunächst über einen längeren sandigen Feldweg in Richtung Strand (Strand bei Barendorf) laufen. Während uns das Zirpen der Grillen begleitete und so gut wie kein Lüftchen wehte, sehnten wir uns endlich danach, uns im Wasser abkühlen zu können. Doch zunächst führte der Feldweg auf einen kleinen Küstenwald zu, durch welchen uns ein Holzsteg zum Strand geleitete. Hier war wenigstens Schatten, der uns etwas erfrischte. Am Strand selbst erlebten wir dann einen bunten Mix aus Strandmuscheln, vielen badehungrigen Sonnenanbetern und frechen Seemöwen. Alles in allem ging es, im Vergleich zu anderen Badestränden der Ostsee, hier relativ entspannt zu. Die meisten Strandbesucher kamen uns sogar bei unserer Ankunft am Mittag wieder entgegen und verließen den Strand in der prallen Mittagshitze. Wir aber suchten uns ein geeignetes Plätzchen, brutzelten in der Sonne und erfrischten uns ab und zu im kühlen Nass. Dabei war es diesmal für mich gar keine Überwindung in die Ostsee zu gehen. Ganz im Gegenteil. Das baltische Meer war bereits so aufgeheizt, dass es sich eigentlich nur hier aushalten ließ, statt an Land. Mit mindestens 22°C Wassertemperatur, glasklarer Sicht bis auf den Grund und keinen Wellen, war hier das Urlaubsfeeling perfekt! 

Achtung: Bei solch heißen Temperaturen im Hochsommer solltet ihr unbedingt genügend Wasser mitnehmen, euch ab und zu im Meer abkühlen und lieber Sandalen bzw. Flip-Flops tragen, wenn ihr auf dem heißen Sand entlanglauft.

Winterglück
Winterglück - Priwall-Strand

Als Kontrastprogramm zu unserem Sommerausflug, besuchten wir den Priwall–Strand bereits im Februar desselben Jahres. Bei eisigen Temperaturen zog es mich zum allerersten Mal im Winter an die Ostsee. Noch nie zuvor sah ich inmitten einer gepuderzuckerten Landschaft die Meeresküste bei Minusgraden. Dabei lag die See spiegelglatt und ganz seicht in der Wintersonne, die weiße Gischt verwandelte sich in Schnee und säumte sich gefroren entlang des Strandufers. Beeindruckend fand ich dabei, welch angenehme Ruhe, fast schon Stille, das Wintermeer an sich hatte. Wohingegen im Sommer das Wellenrauschen und Getöse der Wasser- und Landratten die Idylle übertönt, lag hier eine einzigartige Bescheidenheit des Winters in der Luft. Zwischen knirschendem Sand und Schneehaufen unter den Stiefeln, spazierten wir gen Osten entlang des Strandes und sammelten ein paar auffallend schöne Muscheln, die die Ostsee im Laufe der Zeit so angespült hatte. Dabei findet man hier eine wunderbare Auswahl an Baltischen Plattmuscheln, Sandklaffmuscheln, Mies- und Herzmuscheln.

Dunkle Vergangenheit

Doch so idyllisch das Strandparadies klingen mag, so düster ist leider auch seine Vergangenheit. Nachdem im 19. Jahrhundert hier die erste Badeanstalt auf der Halbinsel errichtet wurde und die Nachfrage nach Ferienunterkünften seit jeher anstieg, wurde der Priwall auch von anderen Interessengruppen genutzt.  Anfang des 20. Jahrhunderts galt die Halbinsel als Start- und Landepunkt von Zeppelinen. Selbst die Lufthansa hatte hier ihren Flugplatz, um innerdeutsche und skandinavische Ziele anzusteuern. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Zutritt für Bürger auf dem Priwall verwehrt, da hier die Reichsluftwaffe ihren militärischen Stützpunkt hatte. Auch danach wurde es den Anwohnern nicht unbedingt leichter gemacht, das Naturidyll spontan, wie wir es taten, aufzusuchen. 

Im darauffolgenden Kalten Krieg verlief hier bis 1990 die innerdeutsche Grenze entlang. Somit wurde die Halbinsel Priwall plötzlich geografisch neu eingeteilt. Der BRD im Westen “gehörte” der Priwall-Strand und der DDR im Osten der kleinere Teil Pötenitz. Somit war dies der nördlichste Teil der über 1.300 kilometerlangen Mauer. Im nun geteilten Deutschland herrschte eine angespannte Stimmung, insbesondere nahe der Grenze. Während sich die Badegäste im Westen am Strand sorglos tummeln durften, herrschte auf der östlichen Seite im DDR-Sperrgebiet des FKK-Abschnitts gespenstische Leere. Hier galten eher Turmposten statt Sonnenschirme, Hundelaufanlagen statt Hundestrand, Signal- und Stacheldrähte statt Volleyballnetze und Grenzsoldaten statt Strandbesucher. Bei solch einem stark bewachten Strand kam es sicherlich keinem in den Sinn, die Grenze leichtsinnig zu überqueren und wenn dann nur versehentlich. So wie es einem portugiesischen Gastarbeiter widerfuhr, der sich unbekleidet im Wasser unabsichtlich auf der östlichen Seite verirrte, weil er vermutlich die Schilder nicht deuten konnte. Er wurde festgenommen wie viele andere auch. Denn mehr als 5.000 Fluchtversuche, welche größtenteils in Festnahmen endeten, wurden hier durch die Grenzpatrouille in ihren Beobachtungsbunkern gestoppt. Eine der dramatischsten Fluchtversuche fand am 03. September 1989 statt. Mario W. startete sein Entkommen bereits im ca. 30 Kilometer entfernten Boltenhagen und zwar schwimmend! Bereits 20 Stunden war er in Richtung Travemünde unterwegs, als plötzlich kurz vor dem Ziel eine Fähre von einem DDR-Grenzschiff aufgehalten wurde und Mario W. als Schwimmer aus dem Osten aufflog. Damit geht er als letzter bekannter Ostseeflüchtling in die Geschichte des geteilten Deutschlands ein. Glücklicherweise öffneten sich die Tore ein knappes halbes Jahr später. Heute erinnert nur noch ein massiver Gedenkstein an der Mecklenburger Landstraße mit der Aufschrift “Nie wieder geteilt - 03. Februar 1990” an diese Zeit.

Info: Weitere spektakuläre Grenzgeschichten könnt ihr übrigens an der ausgestellten Informationstafel “Grenzenlos von Lübeck bis Boltenhagen” direkt am Priwall-Strand nachlesen. 

 

Einkehrtipp
mit Urlaubspotenzial
Einkehrtipp mit Urlaubspotenzial

Bei so viel Badespaß, knurrt natürlich am Ende des Tages auch ganz schön der Magen. So ein Badetag in der Sommerhitze kann nämlich auch anstrengend sein! Wer abends noch Lust auf etwas Deftiges im gehobenen Stil hat, dem empfehle ich eine ganz besondere Einkehrmöglichkeit. 

Etwa 15 Minuten weiter östlich entfernt von Barendorf über den Neuhägener Weg, liegt ein Ort mit ganz besonderem Namen. Und irgendwie kann es diesen nur hier in Mecklenburg-Vorpommern geben! Die Rede ist von Groß Schwansee. Inmitten der Gemeinde Kalkhorst im Landkreis Nordwestmecklenburg befindet sich der Ortsteil mit seinem fürstlichen Namen. Welches Dorf so heißt, muss auch etwas Herrschaftliches zu bieten haben und das tut es. 

Die Lindenstraße und damit die örtliche Hauptstraße, führte uns am Ende auf einen Parkplatz. Dahinter verbarg sich ein edles Gehöft, welches wir auf den ersten Blick nur durch grünes Dickicht erblicken konnten. Denn hier residiert das “Schlossgut Groß Schwansee”. Ein Träumchen inmitten mecklenburgischer Natur!

Hier machte sich ein breiter Weg vor uns auf und führte leicht hinab zum “Bistro” bzw. der “Brasserie” des Hauses. Das weinrote Gebäude mit seinen großen runden Sprossenfenstern lud uns auf der Terrasse gleich herzlich ein. Das davor aufgebaute weiße Zelt, diente dem Personal zum Empfang, um spontane Einkehrer wie uns bzw. die eigenen Hotelgäste zu platzieren und auf den Check-In per Luca-App (2021) hinzuweisen. Erst danach durften wir auch ohne Reservierung glücklicherweise schnell Platz nehmen. Da am selbigen Abend ein Deutschlandspiel der WM 2021 stattfand, war die Stimmung der Fußballliebhaber auf der nebenan liegenden “Zuschauerwiese” nicht ganz so entspannt und ruhig wie es sonst hier sein mag, aber dies störte uns nicht sonderlich.

Wir freuten uns auf unser Abendessen und warteten gespannt auf unsere deftige Hauptspeise. Hierbei entschieden wir uns saisontypisch für das Schnitzel mit Kartoffeln, Spargel und Sauce Hollandaise dazu angereichert mit Holsteiner Katenschinken. Da wir den Aufenthalt sehr genossen, überlegten wir uns spontan, hier zu nächtigen, um uns unsere Rückfahrt am Abend zu ersparen, entschieden uns aber nach einem Blick auf die Preise schnell wieder dagegen. Dennoch rechtfertigen die Preise hierbei das hohe Niveau der gastronomischen Einrichtung sowie dessen Service.

Nach unserer abendlichen Stärkung wollten wir uns die Weite des Schlossguts natürlich nicht entgehen lassen und entschieden uns noch für einen kleinen Verdauungsspaziergang. Dabei führte uns der Weg hinter der Brasserie vorbei am Herzstück des Schlossguts - dem Altem Gutshaus. Das in weiß strahlende, klassizistische Herrenhaus stammt aus dem 18. Jahrhundert und beherbergt hinter sich das “Schlossrestaurant 1745”, welches wir auf unserem Spaziergang von Weitem erblickten. Der Park selbst ist weitläufig und mit viel üppigem Grün herrlich angelegt. Wert auf alten Baumbestand hat man ebenfalls gelegt, denn im Schlosspark lässt sich unter anderem sogar ein 100-jähriger Birnbaum bestaunen.

Während sich das Licht der dämmernden Abendsonne romantisch auf den Park legte und ein paar orange-rötliche Sonnenstrahlen durch das Dickicht schienen, erblickten wir das geöffnete Tor, welches sich direkt am Schlosspark anschließt und auf das nächste Highlight des Gutes führt - die “Lindenallee Herrenhaus Groß Schwansee”. Diese wurden ebenfalls im Jahre 1745 angepflanzt und führt zum “Naturstrand Groß Schwansee bei Kalkhorst”, welcher am Ende von einem Teil des Ostseeküsten-Radweges durchkreuzt wird. Hier verabschiedeten wir uns nochmals von der Meeresküste und genossen für einen kurzen Augenblick die sommerliche Abendstimmung bei Wellenrauschen und Sonnenuntergang. Herrlich! Unser Weg führte uns wieder zurück am Alten Gutshaus vorbei sowie am danebenliegenden Hotelgebäude, welches den modernen Kontrast zu den restaurierten Herrenhäusern darstellt. Dahinter entdeckten wir noch einen ca. 200 Quadratmeter großen Naturschwimmteich für die  Hotelgäste und nicht zu vergessen, einen großen Teich mit Fontäne.

Auch wenn unser Elektroauto am hoteleigenen Supercharger (Parkplatz Schlossgut Groß Schwansee) aufgrund eines Defekts nicht laden konnte während wir gehoben dinierten, machte das gesamte Ambiente des Schlossguts es wieder wett. Somit verbrachten wir einen wundervollen Sommerausflug mit Urlaubspotenzial an der mecklenburgischen Küste und fuhren inmitten der bildschönen Landschaft bei romantischer Abendstimmung dem Sonnenuntergang in Richtung Hamburg entgegen. 

Hinweis: Die Preise und Angebote unterliegen saisonalen Schwankungen und sind daher nur als Richtwert anzusehen. Sie galten nur zum Zeitpunkt meines Aufenthaltes. Zudem fand die Reise während der Corona-Zeit im Sommer 2021 statt, sodass Vorschriften und Regeln derzeit abweichen können. Alle anderen Angaben sind ohne Gewähr. Aktuelle Informationen unter: www.schwansee.de

Adresse

Schlossgut Groß Schwansee
Am Park 1
23942 Kalkhorst
Tel.: +49 (0)28827 / 88480

 

Eure Julia

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